Hallo liebe Freunde des Lesens,
ich fahre nun fort mit meiner Aktion. Somit stelle ich am 2. Advent eine weitere Geschichte von mir rein. Die Nächsten werden auch wieder ein wenige kürzer versprochen. Nochmals zu Erinnerung bei mir geht es in den Geschichten auch um Weihnachten und sind doch etwas Anders.(Denke ich) Bei Fehlern, die den Lesefluß stören bitte melden. Ich versuche es dann zu verbessern bin ja schliesslich keine Maschine.
Ich wünsche euch allen einen schönen 2ten Advent.
Viel Spaß beim Lesen wünscht euch
Jan Erichson
Die Glaskugel
von Jan Erichson
Schnaufend hievt der Weihnachtsmann den großen, braunen Jutesack aus dem Schlitten. Mit dem roten Handschuh an seiner rechten Hand holt er ein rot-weißes Taschentuch hervor mit dem er sein schweißnasses Gesicht abwischt. Seine Renntiere gucken ihn wissend an. „Ja, Ja ist gut. Ich hätte mich nicht so gehen lassen sollen“ Irgendwie kommt ihm das Haus höher beziehungsweise das Dach größer vor als es letztes Jahr war. „Habe ich eigentlich letztes Jahr auch schon so geschnauft und gepustet?“, fragt er sich lautstark. Die Renntiere gucken ihn spöttisch an, dass er mit einem empörten Blick erwidert. „Was wisst ihr denn schon?! Ihr seid doch nur Renntiere und habt keine Ahnung wie sich ein Weihnachtsmann fühlt.“ Die Renntiere strafen ihn mit einem Blick, der sagen soll: „Auf wen bist du angewiesen? Wer zieht den Schlitten schon seit hunderten von Jahren?“ Der Weihnachtsmann sagt daraufhin nichts mehr, denn eigentlich wollte er so schnell wie möglich wieder zum Nordpol in seinen warmen Sessel sitzen und seinen Punsch mit einem Spritzer drinnen genießen. Während er seine Füßen auf dem Schemel gelegt hätte würde von draußen das Geräusch der Elfenwerkstatt Musik in seinen Ohren sein. Doch auf einmal verschwimmt dieser Traum. Der Weihnachtsmann öffnet seine Augen und anstatt im Sessel zu sitzen am Nordpol steht er auf einem Dach in der Kälte und die Renntiere gucken ihn tadelnd an. „Ihr gönnt mir auch rein gar nichts oder?“ Er wartet nicht auf eine Antwort. Er schultert den Jutesack über seine Schultern, wobei er sich zusammenreißen muss nicht vor den Augen der Renntiere zusammenzubrechen. Er kann spüren dass sie nur darauf warten, dass seine Beine nachgeben. Als er einigermaßen stehen bleibt -„Ha von wegen ich knicke ein!“- geht er mit schweren Schritten in seinen schwarzen Stiefeln durch den kniehohen Schnee zum Schornstein hin. Sein Blick wandert in den Schornstein und sieht nur Schwärze. Er kann noch nicht mal das Holz sehen auf der Feuerstelle. „Bin ich wirklich immer durch den Kamin gekommen?“ fragt er unsicher als er auch noch feststellen muss, dass der Schornstein sehr schmal aussieht. Helfend suchend guckt er zu den Renntieren in der Hoffnung sie werden Kopfschütteln und sagen, dass er sich immer rein teleportiert hat. Doch zu seinem Verdruss sieht er nur wie alle Rentiere von Donner bis Blitz mit den Kopf nicken, so dass dabei die Glöckchen an ihrem Geschirr nur so bimmeln. Er meint auch sich einzubilden ein Lächeln auf den Rehmündern zu sehen, wobei Rehe können nicht lächeln oder etwa doch? Schnell wischt er sich diesen Gedanken aus dem Kopf und konzentriert sich auf den vor schwärze triefenden Schornstein. Der Weg zur Hölle sieht wahrscheinlich angenehmer aus und außerdem ist es dort auch wärmer als hier auf den Dach zu stehen, denkt sich der Weihnachtsmann während er vor dieser Situation steht. Vielleicht liegt es aber auch an dem Alter. Als der Weihnachtsmann nämlich noch jung war, war alles viel einfacher und weniger anstrengend gewesen. Jetzt muss er erst mal überlegen wie genau er das mit Schornstein anstellen soll. Wie ist er sonst herunter gekommen? Gedanklich geht er die einzelnen Schritte noch einmal durch:
- Tief durchatmen
- Den Jutesack fest umklammern
- In die Knie gehen
- Abspringen
Es sind nur diese Vier Schritte. Er schüttelt den Kopf als er überlegt ob es vielleicht doch Fünf Schritte sein könnten. Doch er kommt zu dem Schluss, dass Fünf eine doofe Zahl ist und man sich Vier Schritte viel besser merken kann als Fünf. Nächsten Mal sollte er vorsichthalber die Schritte auf einen kleine Zettel schreiben, den er dann jedes Mal herausholen kann. Das würde auf jeden Fall Zeit sparen. Die Gedächtnislücken tauchten in letzter Zeit nämlich immer häufiger auf weswegen er das mit Zettel auch in Angriff nehmen muss. Bevor der Weihnachtsmann die Vier Punkte ausübt schließt er seine Augen. Mit geschlossenen Augen fühlt er sich wohler und kann dadurch gleichzeitig die Blicke der Renntiere ignorieren. Er atmet tief durch, fasst mit seiner rechten Hand den Jutebeutel noch fester, geht in die Knie und springt ab.
Das dumpfe Geräusch hört sich für den Weihnachtsmann nicht gut an und dass er immer noch die kalte Luft auf seinem Gesicht spürt bedeutet auch nichts Gutes. Er ist sich unschlüssig ob er die Augen aufmachen soll. Er kommt zu dem Schluss, dass die geschlossenen Augen ihm in dieser Situation nicht helfen können. Ganz langsam hebt er die Augenliedern und guckt direkt in die Gesichter der Renntiere. Anscheinend haben sie etwas zu Essen gefunden, denn ihre Kiefer rotieren in Kreisbewegungen. Die Fragen Woher? und Wie? stellt er sich schon lange nicht mehr. Am Anfang wollt er es unbedingt wissen was sie essen. Doch die anfängliche Neugier, die er verspürt hatte ist erloschen nach mehrfachen Scheitern. Sein Blick wandert nach unten und dann ist ihm die Zwangslage bewusst, in die er sich befindet. Seine Beine hatten es geschafft in den Schornstein reinzukommen, doch der restliche Körper wird durch eine sehr deutliche hervorgehobene Speckschwarte, die sich im Bauchbereich gebildet hat, aufgehalten. „Verfluchte Schei….!?“ In letzter Sekunde kann er sich die Hand vor den Mund halten. Eigentlich sollte es für ihn keine Überraschung sein, denn dieser Bauch ist nicht erst seit heute da. Anscheinend hatte sein Bauch im Laufe der Jahre beschlossen am Umfang zu zunehmen und auch den neu gewonnenen Umfang beizubehalten. Es ist aber das erste Mal, dass dieser Bauch Probleme beim Schornstein macht. Letztes Jahr ging es ja auch. Innerlich verflucht sich der Weihnachtsmann keinen kleinen Zettel geschrieben zu haben, wo auch drauf steht wie er in solchen Situationen verfahren soll. Mit beiden Händen fährt er sich durch seinen langen weißen Bart. Diese Geste nennt er „Den Denker“, auch wenn die Weihnachtselfen in der Werkstatt sagen er sieht dabei aus wie ein Neunmalkluger, der gerade Ahnungslos ist. Ein Geistesblitz trifft ihn. „Wieso bin ich nicht gleich darauf gekommen?“ murmelt er laut vor sich hin. Denn es gibt außer den Vier Schritten, die er noch einigermaßen Auswendig kann tatsächlich noch einen Fünften Schritt. Dieser Schritt ist sogar der entscheidende ohne den es überhaupt nicht funktionieren kann:
- Nicht darüber nachdenken
Den Jutesack lässt er auf das Dach fallen. Bevor er diesen Fünften Schritt macht muss er sich erstmal locker machen. Leider kann der Weihnachtsmann nur die Arme dehnen, da die Beine im Schornstein feststeckten. Den Kopf nach rechts und links drehen bis es ein knackendes Geräusch gibt. Zum Schluss macht er mit seinen Armen noch kreisenden Bewegungen. Er greift wieder nach den Jutebeutel und atmete nochmals tief durch. „Nicht nachdenken.“ , ruft er sich in Gedanken immer wieder auf. Wäre ein Außenstehender, genau in diesem Moment die Straße entlanggegangen und hätte seinen Blick nach oben gerichtet würde er folgendes Bild sehen: Ein schwarze Gestalt, die wild mit den Armen rudert und andere kuriose Bewegungen veranstaltet. Dabei sieht man nur den Oberkörper, weil der Unterleib im Schornstein steckt. Der Beobachter hätte sein Smartphone gezückt und ein Bild geschossen, es in einem Sozialen Netzwerk präsentiert mit einem schönen Spruch darunter wie zum Beispiel: „Was stelle ich in der Nacht fest, der Weihnachtsmann steckt im Schornstein fest.“ Aber zum Glück ist es in dieser Nacht ruhig. Außerdem herrscht eine Kälte, wo die Menschen in ihren Häusern bleiben und an der Heizung sitzend ihre Hände reiben, weil es nicht warm genug werden kann. Langsam fängt der Weihnachtsmann an zu spüren wie er gedanklich loslässt und dann geht es ganz schnell. Mit einem lauten Geräusch, als wenn ein Korken aus der Flasche gezogen wird, fällt er hinab in den dunklen Schacht vom Schornstein.
Der Ruß aus dem Kamin wird aufgewirbelt und bildet eine kleine Wolke, die sich im Wohnzimmer ausbreitet. Aber so schnell wie die Wolke entstanden ist verschwindet sie auch wieder. Aus dem Kamin gestiegen kommt ein sehr kräftiger, weißbärtiger Mann ohne jegliche Rußrückstände im Gesicht oder auf den Klamotten. Sein Blick wandert zu der eine Ecke im Wohnzimmer wo der Weihnachtsbaum steht. Es liegt alles schemenhaft im Dunklen. Das Ziel anvisiert wirft er sich den Jutebeutel auf den Rücken und setzt seine rechten schwarzen Stiefel auf den Teppichboden. „Schon mal etwas von anklopfen gehört?“ kommt es frech aus der anderen dunklen Ecke des Wohnzimmers. Es wird heller in dem Raum als ob jemand gerade einen Lichtdämmer aufdreht. Ein helles Licht herrscht nun, dass den Weihnachtsbaum in all seiner Pracht und Farbe zeigt. Die Augen des Weihnachtsmannes wandern zur der Ecke aus der die Stimme gekommen ist. Ein kleiner Junge im Alter von 10 Jahren steht breitbeinig, die Arme vor die Brust verschränkt da und guckt ihn herausfordernd an. „Irgendein Problem Kleiner?“, kommt es trocken vom Weihnachtsmann. „Sehe ich so aus als hätte ich Probleme? Ich denke Sie haben durchaus dickere Probleme. Ich bin hier schon seit Sie auf dem Dach gelandet sind. Sie hatten es ja gar nicht eilig oder?“ Dabei zieht der Junge spöttisch die rechte Augenbraue hoch, die Arme immer noch vor die Brust verschränkt und mustert den Weihnachtsmann von unten nach oben und wieder von oben nach unten. Der Weihnachtsmann denkt sich, dass das Kind für sein Alter eine dicke Lippe riskiert und überhaupt weiß der kleine Racker überhaupt wen er vor sich hat? Der Weihnachtsmann ist sich sicher, dass der Junge es nicht weiß weswegen er ihn die Frage tatsächlich stellen könnte. Doch bevor er den Gedanken zu Ende gedacht hat formen seine Lippen schon die Worte während die Stimme es in Ton verfasst: „Weiß du eigentlich, wer dir gegenüber steht?“ Dabei lässt der Weihnachtsmann den Jutebeutel fallen, stellt sich breitbeinig hin und verschränkt die Arme vor seiner Brust um damit bedrohlicher zu wirken.
Wenn jetzt in diesem Augenblick jemand von außen durch das Fenster blicken würde, würde ihm eine aberwitzige Situation dargeboten: Vor einen Kamin steht ein über 1,90 m großer, alter, dicker Mann in schwarzen Stiefeln, einer roten Pudelmütze, einem roten-weißen Mantel und eine weißen langen Bart. Ihm gegenüber steht eine schmale gerademal 1,50 m hohe Gestalt, Barfuß, mit kurzen braunen Haaren in einem Power-Ranger Schlafanzug. Beiden haben die Arme vor die Brust verschränkt und stehen breitbeinig da.
„Hmh lassen Sie mich raten…roter Mantel, sieht aus wie ein 200 Jahre alter Mann und ist so dick, dass er ein Erdbeben auf der anderen Seite der Erde auslöst, sobald er einen Schritt macht. Sie müssen der Osterhase sein!“ Es breitet sich ein teuflisches Grinsen auf den kleinen schmalen Lippen des Jungen aus. Der Weihnachtsmann atmet dreimal tief ein und aus um seinen Puls zu regulieren. Der Arzt hat gemeint er soll sich nicht mehr zu aufregen, denn das wäre nicht so gut für den Bluthochdruck. Deswegen kommt es ganz ruhig fast schon im Flüsterton vom Weihnachtsmann: „ Jetzt hör mal zu Kleiner!“ Die Halsschlager vom Weihnachtsmann pocht immer noch bedrohlich „Wahrscheinlich ist im Nachschlagewerk unter dem Wort „kleiner-verschissener-Klugscheißer“ ein Bild von dir drinnen. Jetzt kannst du deinen anderen Hosenscheißern in der Schule meinetwegen erzählen, wie du den Weihnachtsmann fertig gemacht hast. Tu mit nur einen kleinen Gefallen: Lass mich in Ruhe hier meine Arbeit machen! O.K?!“ Der kleine Junge lässt seine Arme sinken und seine Spannung im Körper lässt nach .Der Weihnachtsmann versteht das Schweigen als eine Art Zustimmung. Er hievt seinen Jutebeutel auf die Schulter und nähert sich dem Weihnachtsbaum während der Junge immer noch am Lichtschalter steht. An dem Baum angekommen geht der Weihnachtsmann in die Knie und macht sich an die Arbeit. Während er die Geschenke unter dem Baum platziert spürt er im Rücken den Blick des kleinen Jungen. Um sich zu beruhigen summt der Weihnachtsmann ein klassisches Weihnachtslied. Aber im Gegensatz zu anderen Situationen kann ihn das dieses Mal nicht beruhigen, also hört er mit dem Summen auf. Nach wenigen Minuten holt der Weihnachtsmann das letzte Geschenk aus dem Jutebeutel und platziert es unter dem Baum zu den anderen Geschenken.
Jetzt kommt für den Weihnachtsmann das Schönste an dieser ganzen Schufterei: Das Glas Milch und einen Teller mit frisch gebackenen Plätzchen. Damit hat man auch die Erklärung für den zugewonnenen Umfang des Weihnachtsmannes gefunden. Mit voller Vorfreude wandert seine Hand zu dem kleinen Tisch. Dabei hat der Weihnachtsmann die Augen geschlossen, denn das Gefühl des Ertastens würde ihn für einiges Entschädigen, das heute passiert ist. Doch auf seinem Gesicht zeigt sich eine Überraschung, als seine Hand nur nach Luft greift. Der Weihnachtsmann öffnet seine Augen und sieht nichts. Keinen Tisch mit einen Glas Milch und einen Teller mit Plätzchen. Selbst mit mehrfachem Blinzeln taucht der Tisch nicht auf. Der Weihnachtsmann atmet tief aus um ein lautes Och Nö zu unterdrücken. Dabei merkt er wie die Worte schon auf seiner Zunge liege.
„Suche Sie etwas Bestimmtes?“, erklingt die Stimme des Jungen in seinem Rücken. Der Ton trieft vor Hohn und Frechheit, dass dem Weihnachtsmann es eiskalt den Rücken hinunter läuft. Der Weihnachtsmann dreht sich um sieht den Jungen an den Türrahmen gelehnt, kauend und in der rechten Hand ein halbleeres Glas Milch. Der einzige Gedanke, der jetzt durch den Kopf vom Weihnachtsmann geht ist, dass er diesem kleinen verfluchten Bastard, am liebsten den Hals umdrehen würde. Ja auch für einen Weihnachtsmann fällt es nicht leicht jedes Kind lieb zu haben, das ihm begegnet. Der Zehnjährige Junge hat ein Selbstbewusstsein, das erschreckend ist. Es zeugt von einer Skrupellosigkeit einen alten Mann so in das offenen Messer laufen zu lassen. „Du willst doch bestimmt ein Geschenk haben oder?“ Der Weihnachtsmann sieht sich gezwungen den Jungen Paroli zu bieten und wenn es bedeutet auf die gleichen Mittel zurückzugreifen. Der Junge setzt ein ungläubiges Gesicht auf und legt in seine Stimme eine schauspielerische Dramatik herrein: „Ist das zu glauben?!“ Der Junge bietet eine glaubwürdige Performance, „Der Weihnachtsmann erpresst ein kleines unschuldiges Kind!“ Der erzeugte Tonfall des Jungen appelliert im Weihnachtsmann an das Gute weswegen er nervös auf der Unterlippe kaut. Zum Glück kann der Junge, das nicht sehen, weil der weiße Bart es verdeckt. Der Junge fährt in einem gespielten entrüsteten Tonfall fort: „Ich als Ihr Ernährungsberater, musste mit Entsetzen feststellen, dass sie die letzten Jahren die Fitness und die Ernährung ganz schön haben schleifen lassen. Deswegen bin ich zum Urteil gekommen, dass jegliche Kost, die ihrer Figur nicht gut tut ab sofort untersagt wird.“ Der Weihnachtsmann ist erstaunt mit welcher Arroganz und Skrupellosigkeit der Kleine dies sagt. Wahrscheinlich hat der Junge, das alles akribisch geplant, denn es wirkte auf den Weihnachtsmann wie ein Drehbuch und der Junge ist der Regisseure, der alles kontrolliert. Was ist bloß aus den Kindern geworden und soll ich einfach nachgeben und ihn gewinnen lassen? denkt sich der Weihnachtsmann, während er den Jungen sich anguckt. Der Junge fühlt sich als Gewinner, denn sein Plan ist aufgegangen. Der Weihnachtsmann ist in einer Zwickmühle. Die Geschenke kann er nicht mehr mitnehmen, denn als der Weihnachtsmann, die Geschenke unter dem Baum gelegt hat ist das Besitztum automatisch auf die Hausbesitzer übertragen worden. Das heißt, wenn der Weihnachtsmann die Geschenke wieder mitnehmen sollte, würde es als Diebstahl zählen. Außerdem ist der Junge in den Genuss der Plätzchen gekommen, die seine Mutter gebacken hatte. Dieser Abend hat sich absolut gelohnt für ihn. Der Weihnachtsmann sieht das zufriedene Gesicht, das einem teuflischen Grinsen gleich kommt. Seufzend gibt der Weihnachtsmann sich geschlagen und will dieses Treffen einfach nur vergessen. Die Geschenke werden unter dem Baum gelassen, denn der Weihnachtsmann gibt nur Geschenke und nimmt keine weg. So viel Anstand besitzt der Weihnachtsmann noch auch bei diesem Jungen keine Ausnahme zu machen. Er dreht sich um geht zum Kamin. Bevor der Weihnachtsmann den Schornstein wieder hinauf fährt blickt er noch einmal zum Jungen, der immer noch im Türrahmen steht mit einem zufriedenen Grinsen im Gesicht und sich als Gewinner fühlt. Der Weihnachtsmann atmet tief durch, kontrolliert ob er den Jutebeutel richtig festhält, geht in die Knie, springt ab und denkt an nichts. Oben auf dem Dach wieder angekommen begrüßt er seine Renntiere. Es hat in der Zwischenzeit angefangen zu schneien. „Mensch ihr werdet mir nie glauben was mir in diesem Haus gerade passiert ist.“ Die Renntiere gucken den Weihnachtsmann mit dem Blick Was-interessiert-uns-das-wir-sind-nur-Renntieren an. Der Weihnachtsmann packt seinen Jutebeutel in den Schlitten und winkt ab. „Ach ist ja auch egal“ Somit schließt er das Gespräch mit den Renntieren. Mit einem Ätzen und Stöhnen steigt der Weihnachtsmann in den Schlitten, der das mit einem knarrenden Geräusch bestätigt. Der Junge hat trotz all seiner bösen Absicht nicht ganz Unrecht was die Ernährung angeht. In Zukunft muss er wirklich darauf achten denkt sich der Weihnachtsmann. Er nimmt die Zügel des Schlittens in die Hand und auf einmal zaubert sich ein Lächeln auf seinen Lippen. Der Junge wird staunen, wenn er sein Geschenk auspackt. Denn anstatt der Power-Ranger-Figur, die er sich sehnlichst gewünscht hatte, würde der Junge eine Barbiepuppe bekommen. Der Weihnachtsmann hatte es schon mit viel schlimmere Kinder zu tun gehabt. Wie zum Beispiel der Adolf und der Donald, die waren um einiges schlimmer als der Junge gewesen. Mit einem lauten Knall der Zügel steigt der Schlitten vom Dach in den Sternenhimmel hinauf.
Seine Augen beobachten, wie die Renntiere anlaufen, sich abstoßen und den Schlitten mitziehen in den Nachthimmel hinein. Seufzend guckt er sich die Glaskugel an, in der das Haus steht, wo der Weihnachtsmann gerade zu Besuch war. Noch einmal schüttelt er die Kugel, so dass sich das weiße Pulver in den Luft erhebt und es aussieht als ob es schneit. Seine weißen, dünnen aus Knochen bestehenden Finger umschließen den Boden, der Glaskugel. Langsam erhebt er sich aus seinem Sessel und stellt sie in seinen Schrank, wo noch andere Glaskugeln stehen, die alle eine Geschichte erzählen. Das Ticken der Standuhr erfüllt den Raum, wenn man ihn als solches bezeichnen kann, denn es fehlen die Wände und doch wirkt es begrenzt. Dichter grauer Nebel umgibt diesen Raum. Sein Blick schweift über die ganzen Glaskugeln. Jedes Jahr zum 24.12 guckt er sich eine an. Zwar ist der Weihnachtsmann erfunden, doch gehört diese Glaskugeln zu seinen Lieblingsgeschichten. Der Wunsch, dass der Weihnachtsmann doch real ist wächst in ihm, wenn er immer diese Geschichte gesehen hat. Er wirft noch einen letzten Blick auf die Glaskugeln bevor er die schwere Eichentür des Schrankes schließt und den schwarzen Schlüssel, der im Schloss steckt zwei Mal nach links umdreht. Das Klacken signalisiert, dass das Schloss eingerastet ist. Den Gang zum Kleiderhaken, der so aussieht als ob er an der Nebelwand befestigt ist nur aber in der Luft schwebt, zögert er absichtlich hinaus. Immer nach dem Betrachten der Kugeln überfällt ihn eine Art Unlust. Warum gibt es eine schillernde Figur wie den Weihnachtsmann nicht, ihn aber schon? Manchmal erwischt er sich dabei wie er sich wünscht, dass der Weihnachtsmann doch existiert und ihn besucht um ein Geschenk zu überreichen. Zwar hätte das keine Bedeutung für ihn, aber allein die Geste wäre nett. Er nimmt seine schwarze Robe vom Haken und zieht sie sich über den Körper. Sein Blick wandert zur Sanduhr, die an seiner Robe befestigt ist und sieht wie das letzte Sandkorn durchrieselt. Wenn er einen Wunsch frei hätte, den er sich erfüllen kann, dann wäre es ein Kind zu sein. Kinder sind nämlich unschuldig, unwissend und doch neugierig. Dann würde er an den Weihnachtsmann glauben ganz egal was Andere behaupten würden. Mit diesem letzten Gedanken und den Glockenschlag der Standuhr zieht er sich die Kapuze über den Kopf und verschwindet mit der Sense in der Hand in den Nebel um den Menschen daran zu erinnern, dass nur das Leben real ist.